Die 9 wichtigsten Sicherheitsregeln beim Arbeiten mit Kreissägen

Lesezeit: 9 Min.

Bei der Arbeit mit Kreissägen passieren immer wieder Unfälle. Das kraftvolle und schnelle Sägeblatt verursacht schwerwiegende Verletzungen. Du kannst viele Gefahrenquellen verhindern, wenn Du grundlegende Sicherheitsregeln beherzigst. Lerne sie kennen, denn am Ende des Tages zählt, das Holzwerken mit zwei Händen und zehn Fingern genießen zu können.

Sicherheitsregeln für Tischkreissäge, Handkreissäge, Tauchsäge und Kappsäge

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Peter* wollte an einem Rahmenholz der Kommode, die er gerade baute, einen Einsetzsägeschnitt mit seiner Tischkreissäge machen. Er wollte damit eine Nut für die Einlage auf der Rückseite herstellen. Um den Schnitt zu sägen, setzt Peter das Rahmenholz mit einem Ende auf dem Maschinentisch auf. Er schwenkt das Werkstück langsam auf das Sägeblatt herunter und beginnt zu sägen. Zuerst verläuft alles wie geplant, doch plötzlich verkantet sich das Werkstück mit dem Sägeblatt. Mit einem lauten Knall löst sich das blockierte Holz in einem heftigen Rückschlag von der Säge. Die Tischkreissäge schleuderte das Werkstück knapp an Peters Kopf vorbei quer durch die Werkstatt.

„Gerade nochmal Glück gehabt“, dachte Peter.

Dann blickte er auf den blutüberströmten Maschinentisch . . .

Bei dem Kickback geriet Peters linke Führungshand an das Sägeblatt. Die Tischkreissäge trennte seinen Zeige- bis Ringfinger ab.

Name frei erfunden. Unfallhergang gem. Unfallbeispiel S. 13 BGHM „Holzbearbeitungsmaschinen“.

Im Jahr 2019 und 2020 gab es jeweils deutlich über 100.000 meldepflichtige Arbeitsunfälle im Zuständigkeitsbereich der Berufsgenossenschaft Holz und Metall. Diese Zahl ist enorm hoch. Bei 250 Arbeitstagen pro Jahr ergibt das durchschnittlich 600 Arbeitsunfälle pro Tag.

600 Arbeitsunfälle ausgebildeter Handwerker pro Tag. Eine Statistik für private Holzwerker ist mir nicht bekannt. Da wir keiner Kontrolle einer BG oder durch Arbeitsschützer unterliegen, sind wir selber für uns verantwortlich.

Wir sollten uns mit den möglichen Gefahren, die sich aus der Holzbearbeitung mit Kreissägen ergeben, daher eingehend auseinandersetzen. Mit diesem Artikel möchte ich Dir helfen, Gefahren besser zu erkennen und einschätzen zu können.

Dieser Artikel behandelt die spezifischen Gefahrenquellen von Kreissägen. Bitte lies auch die allgemeinen Sicherheitsregeln bei der Arbeit mit Elektrowerkzeugen.

Stelle den Spaltkeil richtig ein

Der Spaltkeil erfüllt eine grundlegende Sicherheitsfunktion: Er verhindert ein Verklemmen des Werkstücks mit dem Sägeblatt und damit einen Kick-Back.

Damit der Spaltkeil dieser Aufgabe gerecht werden kann, darf die Distanz zwischen Spaltkeil und Kreissägeblatt maximal 8 mm betragen. Wähle die Höhe des Spaltkeils so, dass er etwa 2 mm niedriger ist, als der höchste Sägezahn. Für verdeckte Schnitte musst Du ihn mit dieser Einstellung nicht jedes Mal verstellen.

Die Höheneinstellung ist nicht so wichtig, wenn Deine Kreissäge mit einem werkzeuglos verstellbaren Spaltkeil ausgestattet ist. Ein Beispiel ist die Festool CS 70.

Überprüfe den Abstand nach jedem Sägeblattwechsel. Dies ist besonders wichtig, wenn Du Sägeblätter mit unterschiedlichen Durchmessern benutzt oder sich der Spaltkeil verstellen lässt.

Nutzen des Spaltkeils

Der Spaltkeil schützt bei jeder Kreissäge vor einem Kickback. Er erfüllt diese Aufgabe, indem er ein Verklemmen des Sägeblattes mit dem Werkstück zu vermeidet.

Das Auftrennen von Holz kann innere Spannungen im Holz freisetzen. Die freigesetzten Spannungen können dazu führen, dass die Schnittfuge wieder zusammengepresst wird.

Schließt sich die Schnittfuge hinter dem Sägeblatt, können die hinteren aufsteigenden Sägezähne das Werkstück erfassen und in Deine Richtung schleudern. Der Spaltkeil hält die Schnittfuge immer soweit offen, dass genau das nicht passieren kann.

Der Spaltkeil schützt zusätzlich vor einem Rückschlag, indem er verhindert, dass sich das Holz hinter dem Sägeblatt verdreht oder verkantet. Verdreht es sich, kann es genauso von den hinteren aufsteigenden Sägezähnen erfasst und schräg in Deine Richtung geschleudert werden.

Platziere die Hände neben der Schnittlinie

Verletzungsgefahr durch falsche Werkstückführung

Die Schnittlinie ist der gedankliche Verlauf des Sägeschnittes. Zeichnest Du einen Sägeschnitt an einem Werkstück an, dann markiert diese Risslinie die Schnittlinie.

Führe das Holz niemals in diesen Bereich. Liegt die Hand oder Finger in der Linie und Du schiebst das Werkstück unaufmerksamerweise zu weit, kommt die Hand/die Finger in das Sägeblatt.

Auch wenn es offensichtlich erscheint, passiert dieser Fehler. Die Beispiele der BGHM Unfallberichte verdeutlichen das. Weitaus weniger deutlich ist die Gefahr der Bearbeitung mit abstehenden Fingern:

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Führe Dein Werkstück nur mit geschlossenen Fingern

Verletzungsgefahr durch einen abgespreizten Daumen in der Schnittlinie.

Ein Werkstück mit geschlossenen Finger zu führen, bedeutet, dass (vor allem) der Daumen nicht abgespreizt wird. Achte beim Führen des Werkstücks darauf, dass der Daumen am Zeigefinger anliegt. Du kannst ihn auch unter den übrigen Fingern verschränken.

Ein abgespreizter Daumen ist eine häufige Verletzungsursache. Bei der Bearbeitung konzentriert man sich auf die führenden Finger – meist Zeige- bis Ringfinger. Spreizt Du den Daumen ab, kann er unbemerkt in der Schnittlinie liegen. Die Verletzung ist dann vorprogrammiert.

Selbst wenn Du einmal die beiden eben genannten Punkte missachtest, dürftest Du Dich nicht verletzen, wenn Du die folgende Sicherheitsregel beachtest:

Greife niemals in den Gefahrenbereich

Gefahrenbereich der Tischkreissäge

Der Gefahrenbereich der Tischkreissäge liegt 120 mm links und rechts neben dem Sägeblatt. Deine Hand muss immer außerhalb dieser Begrenzung sein.

Das bedeutet, dass Du das Holz sicher und stabil bearbeiten können musst, ohne dass Deine Finger in diesen Bereich kommen. Kannst Du das nicht gewährleisten, dann benutze einen Schiebestock.

Wenn Dein Werkstück also nicht breit genug ist, sodass Deine Finger mehr als 12 cm vom Sägeblatt entfernt sind und Du das Werkstück sicher führen kannst, dann verwende einen Schiebestock, einen Schiebeblock oder ein Opferholz.

Dem Gefahrenbereich habe ich einen separaten Artikel gewidmet:

Lass die Abdeckhaube dran

Die Abdeckhaube an der Tischkreissäge verdeckt die Sägezähne. Das hält Deine Hand vom Sägeblatt ab und schützt Deine Finger.

Die Abdeckhaube verringert zusätzlich das Risiko eines Rückschlags. Die Abdeckhaube hält das Werkstück bei der Bearbeitung auf dem Arbeitstisch. Verkantet sich das Werkstück, kann es nicht nach oben gedrückt werden.

An einer klassischen Handkreissäge (Pendelhaubensäge) erfüllt die Pendelhaube die Funktion des Schnittschutzes. Tritt das Sägeblatt aus dem Werkstück aus, verdeckt die Pendelhaube die Sägezähne. Die Pendelhaube verhindert allerdings keinen Kick-Back.

Bei Handkreissägen ist der Schnittschutz wichtiger als bei einer Tischkreissäge, da sich die Säge bei einem Kick-Back auf Dich zubewegt. Die Handkreissäge kann dadurch schwere Schnittverletzungen an den Armen oder Beinen verursachen.

Stelle den Parallelanschlag korrekt ein

Der Parallelanschlag hat eine wichtige Funktion: Das Werkstück wird im gleichen Abstand zum Sägeblatt geführt. Wäre das nicht der Fall, kommt es zu einem Rückschlag.

Überprüfe daher Deinen Parallelanschlag von Zeit zu Zeit. Er sollte über die gesamte Strecke nahezu parallel sein. Warum nur nahezu?

Der Parallelanschlag darf sich nach hinten etwa 1/10 mm bis 2/10 mm öffnen. Das verhindert, dass die aufsteigenden Sägezähne das Werkstück erfassen und ist immer noch absolut ausreichend genau.

Stelle den Parallelanschlag dem Werkstück entsprechend ein

Ein Längs- bzw. Parallelanschlag von Tischkreissägen besitzt meist zwei Teile:

  1. Der eigentliche Anschlag, der am Maschinentisch befestigt wird und
  2. Das Anschlagslineal, das am Anschlag abgebracht ist und das Werkstück führt.

Das Anschlagslineal kann in der Regel verstellt werden. Du kannst es damit unterschiedlichen Arbeitsschritten anpassen.

  • Bearbeitest Du schmale Werkstücke, kannst Du das Anschlaglineal in einer „niedrigen Position“ anbringen. Das Lineal ist dann breiter als hoch. Das gibt Dir mehr Freiraum, um das Holz mit Schiebestock, etc. sicher zu führen.
Niedrige Position des Längsanschlages
  • Bei breiten oder höheren Werkstücken kannst Du das Anschlaglineal in einer „hohen Position“ anbringen. Das Lineal ist dann höher als breit. Das Holz kann so in der gesamten Höhe am Anschlag anliegen. Der Längsanschlag nimmt auch insgesamt weniger Platz ein. Du hast daher mehr Bearbeitungsbreite.
Hohe Position des Längsanschlages
  • Ist Dein Werkstück höher als der Anschlag, solltest Du Dir einen Hilfsanschlag bauen, der das Werkstück über die gesamte Höhe stützt.

Stelle Deinen Anschlag immer korrekt ein. Dein Holz hat dann immer die stabilste Führung, Du kannst es am sichersten bearbeiten und erhältst das sauberste Arbeitsergebnis.

Verhindere Kickbacks beim Einsetzsägen

Beim Einsetzsägen beginnst und beendest Deinen Sägeschnitt Du mitten im Holz. Der Arbeitsschritt ist u.a. beim Aussägen von Öffnungen in größeren Holzplatten relevant. Ein Beispiel ist das Herstellen einer Öffnung für den Einbau eines Spülbeckens in eine Küchenarbeitsplatte.

Einsetzsägen ist mit einem großen Rückschlagrisiko verbunden. Sichere den Arbeitsschritt also ausreichend ab.

Sichere das Werkstück beim Einsetzsägen auf der Tischkreissäge

Beim Einsetzsägen mit der Tischkreissäge liegt das Werkstück flach auf dem Maschinentisch. Das Sägeblatt ist komplett abgesenkt und taucht von unten in das Holz ein.

Für diesen Arbeitsschritt muss der Spaltkeil abmontiert werden. Da dies die Rückschlaggefahr erhöht, muss das Werkstück gegen einen Kick-Back gesichert werden. Fixiere dazu das Werkstück mit Klemmen sicher am Maschinentisch.

Kannst Du das Werkstück selbst nicht fixieren, weil die Größe nicht passt oder der Einsetzsägeschnitt länger als das Sägeblatt werden soll, dann solltest Du passende Werkzeug dafür nutzen: Eine Tauchkreissäge. Sie wurde für diesen Arbeitsschritt konzipiert und erlaubt hierbei die sicherste Bearbeitung.

Sichere die Kreissäge beim Einsetzsägen

Beim Einsetzsägen mit der Tauchkreissäge taucht das Sägeblatt von oben in das Holz ein.

Benutze immer eine Tauchkreissäge für das Einsetzsägen. Eine Handkreissäge ist für diesen Arbeitsgang nicht gedacht.

Es gibt zwar im Netz Anleitungen, wie Du mit ihr Einsetzschnitte sägen kannst, aber es ist unnötig gefährlich, weil das Rückschlagrisiko sehr groß ist.

Nutze für diesen Arbeitsschritt eine Führungsschiene, damit sich die Tauchkreissäge beim Eintauchen nicht verkanten kann. Das Verkanten ist das größte Rückschlagrisiko beim Einsetzsägen.

Für die Führungsschienen gibt es Rückschlagstopps (bspw. Bosch, Festool), die einen Kick-Back in Teilen abfangen. Für Schienen, für die kein Rückschlagstopp existiert, wie die von Makita, kannst Du einfach einen selber bauen:

  1. Säge Dir ein Holzklötzchen zurecht.
  2. Bohre ein Loch für eine M6 oder M8 Schraube – je nach Nut Deiner Führungsschiene.
  3. Befestige das Klötzchen mit einer M6 oder M8 Schraube und einer Flügelmutter an der Schiene.

Wähle das passende Sägeblatt

Jedes Sägeblatt hat seinen Einsatzzweck. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal ist die Anzahl der Sägezähne. Je mehr Zähne vorhanden sind, desto feiner ist das Schnittbild, aber auch umso geringer die Vorschubgeschwindigkeit – und umgekehrt.

Für Querschnitte (quer zur Holzfaser) werden Feinzahnsägeblätter (viele Zähne) verwendet, während für Längsschnitte (entlang der Holzfaser) Längsschnittsägeblätter benutzt werden.

Das passende Sägeblatt verringert die Gefahr eines Kick-Backs, weil Du keine unnötige Kraft aufwenden musst. Zusätzlich verbesserst Du die Schnittqualität mit dem richtigen Sägeblatt.

Sicherheitsregeln schützen!

Manche Sicherheitsregeln scheinen auf den ersten Blick überzogen. Getreu dem Motto: „Ich arbeite konzentriert, mir passiert das nicht“. Oft bemerkst Du es aber nicht, wenn die Konzentration nachlässt.

Manchmal will man „nur mal schnell“ und ignoriert deswegen Sicherheitsregeln (un-)bewusst. Es reicht schon ein einziges „nur mal kurz“ oder ein unkonzentrierter Moment mit einem Finger oder einer Hand an der falschen Position für einen schweren Unfall.

Die Sicherheitsregeln stellen auf die ein oder andere Art und Weise eine Einschränkung dar oder erfordern Disziplin. In jedem Fall sind sie bis zu einem gewissen Grad unbequem. Das sollte Dich aber nicht davon abhalten, Dich so konsequent wie möglich daran zu halten.

Auch ich erwische mich hin und wieder dabei, wie ich gegen eine Sicherheitsregel verstoße. Wichtig ist es, das zu erkennen, sich zu hinterfragen und dann das eigene Tun möglichst sicher zu gestalten.

Kennst Du noch weitere Tipps oder Regeln, um die Arbeitssicherheit zu erhöhen oder Arbeitsunfälle zu verhindern? Widersprichst Du mir in manchen Punkten? Schreib mir bitte in diesem Fall einen Kommentar – ich lerne gerne dazu.

Weiterführende Links und Quellen

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